Peter May, „Coffin Road“ Schottland-Krimi
- 1.Pub-Erlebnis Edinburgh – Teil 1
- 2.Rundum den Firth of Forth – Teil 1
- 3.Vorlesegeschichte: Nessie, Dinos, Feuerwehr
- 4.Die besten Tagesausflüge von Edinburgh aus
- 5.Raus ans Meer – der Fife Coastal Path
- 6.Edinburgh abseits der Touristenmassen
- 7.Peter May, „Coffin Road“ Schottland-Krimi
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Weißer Sandstrand und türkisblaues Meer, ein Cottage mit Blick auf den Luskentyre Beach auf der Isle of Harris and Lewis. In dieser Traumlandschaft spielt der Kriminalroman „Coffin Road“ von Peter May. Doch wenn das Wetter umschlägt, kann die See sehr schnell gefährlich werden. Fast waagrecht peitscht der Regen über den Machair der vorgelagerten Flannan Isles, der Sturm fegt um den Leuchtturm, und die Wellen des Atlantiks schlagen an der kleinen Anlegestelle meterhoch an die Klippen. In dieser unwirtlichen Umgebung verschwanden im Jahr 1900 drei Leuchtturmwärter spurlos – ein noch immer ungelöstes Rätsel. Und ebendort wird der Hauptdarsteller im Roman schiffbrüchig, und als er durchnässt am Strand erwacht, weiß er nicht einmal mehr, wer er ist.
Nun entdeckt der Leser Schritt für Schritt zusammen mit dem Hauptdarsteller dessen Identität und Lebensumstände wieder, beweist Zusammenhänge zwischen chemischen Spritzmitteln, der Agrarindustrie und dem Bienensterben, entwirrt die Hintergründe eines Mordfalls, findet zurück zu dessen Familie, die ihn tot geglaubt hatte, und löst zu guter Letzt das Geheimnis der vor über 100 Jahren verschwundenen Leuchtturmwärter. Im Mittelpunkt des Krimis steht hier nicht der Kommissar (es ist George Gunn, der schon aus der Lewis-Trilogie bekannt ist), sondern Neal Maclean alias Tom Fleming, mit dem man das Wiederfinden der eigenen Persönlichkeit mitlebt, und dessen 17jährige Tochter Karen, intelligent, trotzig und unvernünftig, für deren Schicksal man viel Verständnis aufbringt.
Die Beschreibungen der Landschaft und der Hintergründe sind sehr bildlich, aber nicht überladen. Es ist kein Wort zu viel, und man spürt trotzdem fast die Wellen, den Wind, den Regen und die Gerüche. Vielleicht merkt man hier einfach, dass Peter May auch Drehbücher für das Fernsehen schreibt. Alles ist gut recherchiert: Wenn man in Google Streetview nachsieht, steht dort sogar das weiße Pony vor dem Cottage, und das Haus in Glasgow ist von der beschriebenen roten Mauer umgeben, die Geschäfte gegenüber gibt es auch. Dass der Autor aus Glasgow stammt, erkannte ich an den Beschreibungen des Viertels Springburn. Allerdings passieren ihm auch Fehler: So wird Flemings Frau zuerst als „mit einer Neigung zum Molligen“ (S. 123) und später als „Zierlich und perfekt gebaut“ (S. 207) beschrieben, und Billy ging in der Springburn Academy zur Schule (S. 257) und offenbar gleichzeitig auf die Hutchesons‘ Grammar (S. 292).
Abgesehen von solchen Details sind die Charaktere überzeugend, das Buch von Anfang bis Ende packend – sympathisch und dramatisch zugleich, und man fühlt sich in die faszinierende Landschaft der Äußeren Hebriden versetzt. Lohnender Lesestoff, nicht nur für Krimifreunde, jetzt auch in der deutschen Übersetzung bei Bastei/Lübbe erhältlich. Danke an Christine fürs Leihen des Buches.